Neustart des MV-Tourismus im ländlichen Raum alternativlos
Wietzow/Anklam. Vertreter des sanften und naturnahen Tourismus aus Mecklenburg und Vorpommern formulieren derzeit einen klaren Appell an die Landesregierung: Nutzt die Chance der kleinteiligen Angebote aus dem Binnenland für den Wiedereinstieg in den Urlauberverkehr!
„Es ist höchste Zeit, dass wir aus MV ein Signal an Gäste und Einheimische senden und geregelten Urlaub wieder Stück für Stück ermöglichen. Und zwar zuerst mit dem, was in Corona-Zeiten besonderen Charme hat: dem ländlichen Tourismus“, so Jörg Kröger und Antje Enke. Die beiden Unternehmer vertreten rund 30 Akteure aus dem Peene- und Tollensetal, darunter u.a. Vermieter von Ferienwohnungen, Bootsverleiher, Camping- und Wasserwanderrastplätze. Organisiert in einem lokalen Netzwerk namens „Mit Lust an Natur“ (MiLaN) stehen sie stellvertretend für Regionen in MV, die fernab der Touristenhochburgen liegen. Die gelten für die einen seit Jahren als touristischer Geheimtipps, für die anderen immer noch als „Niemandsland“ zwischen Seenplatte und Ostseeküsten.
Und genau deshalb fürchten die „sanften“ Touristiker auch dieses Mal, von der Landespolitik nicht wahrgenommen zu werden. „Was fatal wäre, bieten Leute wie wir mit kleinen touristischen Einheiten doch so viele augenfällige Vorteile, wenn es um Abstand und Separierung geht“, unterstreicht Jörg Kröger. Genau damit könnte der Wiedereinstieg des Tourismuslandes MV gelingen Krögers Zahlen sprechen für sich: In seinem Gutshaus zwischen Greifswald und Neubrandenburg mit einer Wohnfläche von 1200 m2 gibt es insgesamt fünf Ferienwohnungen für 2-7 Personen sowie seine private Wohnung. Drumherum ein großer Landschaftspark von 12,5 Hektar. „Mehr Abstand geht fast nicht“, sagt er bitter lächelnd, während er in den in voller Blütenpracht stehenden Park vor seinem Fenster blickt. Vor 20 Jahren hatte er das marode Gebäude übernommen und zusammen mit seiner Frau Birget saniert. Inzwischen sichere die Ferienvermietung den nachhaltigen Erhalt des Hauses. Der sei nun durch das aktuelle Reiseverbot gefährdet, genau wie in vielen anderen Gutshäusern des Landes, macht Kröger klar.
Jede Menge Natur und Urlaub ohne viel Außenkontakt bieten auch Antje und Carsten Enke aus Anklam mit ihren Hausbooten. Die werden hier nicht nur vermietet, sondern auch gebaut. Gerade sind zwei neue Modelle in der hauseigenen Werft fertig geworden. „Mit den Hausbooten sind Paare und kleine Familien völlig unabhängig unterwegs. Den Besuch von so genannten Attraktionen brauchen Chartergäste nicht, denn der naturbelassene, artenreiche Fluss ist die größte Attraktion und den haben die Urlauber jeden Tag direkt vor der Nase“, so Enke. Eine gut ausgestattete Kombüse und ein geräumiges Bad reduzierten selbst den Besuch von Gaststätten und Sanitäreinrichtungen bzw. machen diesen überflüssig. Wo also liege das Risiko, das ein weiteres Festhalten am derzeitigen Reise- und Vermietungsverbot rechtfertige, fragen die Enkes?
Alles Argumente, die durchaus dafür sprechen, mit dem sanften Binnenland-Tourismus einen abgestuften Neustart im Reiseland MV zu beginnen, meint das Netzwerk MiLaN. „Und zwar jetzt“, fordern Kröger und Enke zusammen mit ihrem Verein. Denn: Die bestehende Unsicherheit schädigt alle, nicht zuletzt das Image des Reiselandes MV. Bericht: Anna Markowitz